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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 05.04.1992, 10:18 Uhr.

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ADN8003 4 ku 311

lsc/ku/Kunst/Ausstellungen/Ostereier/Ostsachen
Eier erobern den Markt: Vor Ostern vielerorts Ausstellungen zu kunstvoll verzierten Ovalen

Dresden/Bautzen/Hoyerswerda (dts Nachrichtenagentur/ADN-lsc). Auf ihre Ei-gentlichen Kosten kamen am Wochenende Liebhaber reichverzierter Ostereier in Sachsen. Während am Sonntag der zweite internationale Ostereier-Kunst-Markt in Dresden mit 5.000 reichverzierten Exemplaren nach drei Tagen Dauer Hunderte Interessierte anlockte, war am Vortag zahlreichen Besuchern in der mittleren Lausitz das alte "Maler-Brauchtum" zugänglich.

Erstmals "nach Jahren" fand in Neuwiese bei Hoyerswerda wieder der 1. Mittellausitzer Ostereiermarkt statt. Hier konnten sich vorwiegend Einheimische auf Einladung des Ende 1991 neugegründeten Vereins "Zur Pflege der Regionalkultur der mittleren Lausitz" und des sorbischen Kreisvereins Hoyerswerda "Serbske zupna towarstwo 'Handrij Zejler' Wojerecy" vom Brauchtum dieser Region überzeugen. Wie in der sächsischen Landeshauptstadt wurden den Marktbesuchern verschiedensten Techniken des Verzierens der ovalen Exemplare demonstriert. Wachsen, Kratzen und Ätzen sind um Hoyerswerda herum am häufigsten in "Gebrauch".

Insgesamt 30 verschiedene Möglichkeiten des künstlerischen Gestaltens von Hühner-, Vogel- und Enteneiern wurden auch den Dresdnern und ihren Gästen präsentiert. Verpönt bei "echten" Eierkünstlern und Kunstinteressierten sowohl in der Elbmetropole als auch in Neuwiese waren nach wie vor Plastikeier. Bevor diese Techniken am Karfreitag und Ostersonnabend auch im Bautzner Sorbischen Museum an der Ortenburg vorgeführt werden, soll es dort vom (morgigen) Montag an eine Osterausstellung geben.

Ostereier-Börsen werden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Holland, Österreich und der Schweiz veranstaltet. Die Gemeinsamkeiten der ovalen Schönheiten liegen trotz der vielen kleinen und großen Unterschiede in ihrer von Ritualen erzählenden Geschichte. So spielte das Ei in den frühen Kulturen aller Erdteile als Symbol für die Entstehung der Welt eine Rolle. In China wurde es beispielsweise 3.000 Jahre vor Christi Geburt den Toten mit ins Grab gegeben. Im Mittelalter hatte das Ei in den meisten Gegenden Europas - in Bauwerke eingemauert, in Ackerfurchen gelegt oder ohne Wissen des Mannes im Bettkasten versteckt - einen Fruchtbarkeitsstatus. Weil es besonders im Osten Europas als Kultgegenstand geachtet wurde, vermutet man hier der Beginn des künstlerischen Verzierens. Das Osterfest - im orthodoxen Raum als größtes Fest im Kirchenjahr eingestuft - bildet nun den Hauptgrund für diese Sitte.

050818 Apr 1992