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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 07.03.1992, 02:09 Uhr.

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Polizei/GDP/Ostdeutschland
(Sperrfrist 0700) GDP: Sicherheitslage dramatisch - Bürger kaufen zunehmend Waffen zur Selbstverteidigung

Osnabück (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die Gewerkschaft der Polizei (GDP) hat angesichts zunehmender Selbstbewaffnung der Bürger vor Wildwestzuständen in den neuen Bundesländern gewarnt. In einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagausgabe) sagte der stellvertretende GDP-Bundesvorsitzende Horst-Udo Ahlers, die Sicherheitslage zwischen Elbe und Oder sei dramatisch.

Immer mehr Menschen griffen dort zu Selbstschutzmaßnahmen. Es gebe eine große Zahl von brisanten Waffen auf dem schwarzen Markt, die aus Beständen der Nationalen Volksarmee, der Grenztruppen, der ehemaligen Sowjetstreitkräfte sowie früherer DDR-Organisationen stammten. "Die Vorstellung, was allein aus dem Bereich der Stasi in der Versenkung verschwunden sein kann, bereitet mir eine Gänsehaut," sagte Ahlers. Er verwies auf einen kürzlichen Banküberfall bei Halle, wo Maschinenpistolen und eine Panzerfaust von den Tätern benutzt wurden. Die Polizei in der früheren DDR sei für solche Situationen überhaupt nicht gewappnet. Eine kugelsichere Weste besitze dort nur jeder zehnte Polizist. Die Ausstattung der Beamten in den neuen Ländern gehe viel zu langsam voran. Auch fehle es an Personal, wie die Länder nicht einmal alle bereitgestellten Stellen mangels Bewerber besetzen könnten.

Die Erklärung laut Ahlers: "Sehr viel und sehr gefährliche Arbeit für einen Hungerlohn". Der Polizeiberuf in den neuen Bundesländern müsse auch finanziell attraktiv gemacht werden. Es sei ein Skandal, daß die ostdeutsche Verwaltung derart rückständig arbeite, daß bei kaum einem Polizisten am Monatsende der Gehaltsstreifen rechnerisch stimme. "Nicht einmal die 60 Prozent des Polizisten-Westgehaltes, das den Ost-Kollegen derzeit zusteht, befindet sich regelmäßig in der Lohntüte", kritisierte der stellvertretende GDP-Chef. (Der Beitrag wurde vorab in nachrichtlicher Fassung übermittelt)

070109 Mar 1992