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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 22.03.1992, 11:23 Uhr.

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Brandenburg/Just/Landtag
(Vorschau) Sondersitzung des Landtages zu Folgen aus dem "Fall Just"

Potsdam (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die Affäre um Gustav Just hält auch zwei Wochen nach dem Rücktritt des brandenburgischen SPD-Alterspräsidenten Ampelkoalition und Opposition in Atem. Auf einer Sondersitzung des Landtages am Montag will die oppositionelle CDU erneut wissen, inwieweit die Landesregierung von den Vorgängen um Just gewußt hatte. Die Union will erneut Ministerpräsident Manfred Stolpe auffordern, den parteilosen Justizminister Hans Otto Bräutigam zu entlassen. Vor einer Woche war ein Mißtrauensantrag gegen Bräutigam im Landtag gescheitert.

Oppositionsführer Peter-Michael Diestel hatte Bräutigam "Vertuschung der Vorgänge" und "moralische Instinktlosigkeit" vorgeworfen. Bräutigam bekräftigte hingegen, daß sein Vorgehen richtig war. Bei der Tat von Just handele es sich um Beihilfe zum Mord und darauf stehe Verjährung, so Bräutigam. Deshalb habe er auch nicht die Aufhebung der Immunität Justs beantragt. Just hatte im Jahre 1941 als Wehrmachtsangehöriger an der Erschießung von sechs ukrainischen Juden teilgenommen.

In der vergangenen Woche hatte sich der Rechtsausschuß des Landtages mit einer 128-Seiten-Akte des Justizministers beschäftigt, die alle Protokolle und Unterlagen zum "Fall Just" enthält. Die CDU zeigte sich nach Aktensicht "erschüttert" und beantragte die sofortige Landtagssondersitzung. Bündnis 90 stellte sich hinter Bräutigam und bescheinigte ihm, "juristisch korrekt gehandelt" zu haben. Auch die PDS-Opposition glaubt nach den Worten ihres Abgeordneten Michael Schumann, daß der Minister "wahrscheinlich nicht unkorrekt gehandelt" hat. Der politische Schaden sei jedoch groß. Das politische Versagen der Landesregierung sei nicht hinreichend, um eine Ablösung Bräutigams zu fordern, so Schumann. (Auch Landesdienst)

221023 Mar 1992