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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 25.12.1992, 08:31 Uhr.

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Medizin/AIDS/Statistik
Jährlich knapp 2.000 Neuerkrankungen an AIDS in Deutschland

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Etwa 2.000 Menschen erkranken in der Bundesrepublik jährlich an AIDS. Ende November waren insgesamt 9.088 Fälle registriert. Dies sei im Vergleich zum Vorjahr kaum eine Veränderung, sagte Prof. Dr. Meinrad Koch, Direktor des AIDS-Zentrums beim Bundesgesundheitsamt in Berlin, dem ADN. Auch für die nächsten Jahre rechne man in etwa mit diesem Wert. Bislang seien offiziell 4.771 AIDS-Toten registriert worden, doch liege die wirkliche Zahl höher.

Die neuen Bundesländer fallen bei dieser Statistik bisher kaum ins Gewicht, sagte Prof. Koch. Dort wurden bislang 52 AIDS-Kranke gemeldet. Dabei liegen die Zahlen zwischen 31 Fällen im Ostteil Berlins und zwei in Sachsen-Anhalt. Da nach Öffnung der Mauer die Zahl der Infizierten deutlich anstieg, sei aber in einigen Jahren mit einer Erhöhung der Zahl der AIDS-Kranken im Osten Deutschlands zu rechnen.

Die Zahl der HIV-Infizierten liegt nach Angaben des Wissenschaftlers gegenwärtig bei rund 60.000. 20 Prozent der Infizierten sind Frauen. Gegenwärtig beobachte man aber einen Anstieg der AIDS-Erkrankungen bei Frauen. Bisher wurde bei 63 Kindern AIDS festgestellt. Es sei davon auszugehen, daß rund 15 bis 20 Prozent der Kinder von HIV-infizierten Müttern auch mit dem Virus infiziert sind.

Nach Angaben des Leiters des AIDS-Zentrum ist derzeit kein Medikament in Sicht, mit dem die Krankheit geheilt werden könne. In Entwicklung befindliche könnten wahrscheinlich wie bereits verfügbare Medikamente dazu beitragen, die Lebenszeit der Erkrankten weiter zu verlängern und die Lebensqualität in dieser Zeit zu verbessern. In Deutschland konnte laut Koch seit 1988/89 die Lebenserwartung von AIDS-Kranken durch die Behandlung mit ATZ und neuerdings DDI sowie durch eine bessere Beherrschung von Komplikationen um rund eineinhalb Jahre verlängert werden. Die längere Lebenszeit der Kranken bedeute damit auch eine steigende Zahl von zu betreuenden Patienten und einen höheren Betreuungs- und Behandlungsbedarf, auf die das Gesundheitswesen eingestellt sein müsse.

Nach Auffassung von Prof. Koch darf die öffentliche Aufklärung und Prävention nicht nachlassen. Sie sollte allerdings spezifischer auf Risikogruppen wie homosexuelle Männer, Drogenabhängige und Personen mit häufigem Partnerwechsel ausgerichtet sein.

han/spa

250731 Dec 1992