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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 26.12.1992, 16:53 Uhr.

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Möllemann/Brief
(Feiertags-Zusammenfassung mit neuem Material) Möllemann gerät unter Druck - Erneute Rücktrittforderungen - "Bild am Sonntag": Minister kannte Inhalt des Werbebriefs

Bonn (dts Nachrichtenagentur/ADN). Durch die Briefbogen-Affäre wird Bundeswirtschaftsminister Jürgen Möllemann (FDP) immer mehr unter Druck gesetzt. Nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" soll Möllemann vom Inhalt des Schreibens auf Ministerbriefpapier an verschiedene Supermarktketten gewußt haben. In der FDP gibt es der Zeitung zufolge inzwischen Pläne, Möllemann im Wirtschaftsressort durch den Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms zu ersetzen.

In dem Möllemann-Brief wird für ein Produkt seines angeheirateten Vetters geworben. Möllemann hatte nach Bekanntwerden des Vorfalls versichert, selbst von dem Schreiben erst durch Anfragen von Journalisten erfahren zu haben. Ein Mitarbeiter habe "in gutem Glauben" Briefbögen mit Blankounterschrift des Ministers verwendet. Nach Darstellung der "Bild am Sonntag" wurden die Briefe von Möllemanns persönlichem Referenten Heinz Werner Frings verschickt. Die darin für einen Plastik-Chip für Einkaufswagen verwendete Formulierung "pfiffiges Produkt" stamme jedoch von Möllemann.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Otto sagte dem Blatt, die "unglückliche" Affäre beschleunige bei den Freien Demokraten Überlegungen, einen Ämtertausch zwischen Möllemann und Solms vorzunehmen. Als Fraktionschef sei Möllemann dann "selbstverständlich" nicht mehr Kandidat für das Amt des Parteivorsitzenden.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der schleswig-holsteinischen FDP, Jürgen Koppelin, betonte, Möllemann habe nur noch wenig Chancen auf den Parteivorsitz. Er sehe jedoch keinen Grund für einen Rücktritt des Ministers, sagte Koppelin im Hessischen Rundfunk.

Aus der Union wurden dagegen Rücktrittsforderungen erhoben. Der Vorsitzende des Bundestagswirtschaftsausschusses, Friedhelm Ost, sagte der Zeitung, gebraucht werde jetzt ein Minister, "dem Unternehmer, Arbeitnehmer und Investoren eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik" zutrauen. Möllemann habe dieses Vertrauen verloren.

luz/wsd

261553 Dec 1992