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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 05.04.1998, 12:17 Uhr.

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Ausbildung/Ostdeutschland/Zf
(Wochenend-Zusammenfassung) SPD und DGB warnen vor Zuspitzung der Ost-Ausbildungssituation

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Vor einer Zuspitzung der Ausbildungsplatzsituation in Ostdeutschland haben SPD-Politiker und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gewarnt. Sie forderten am Wochenende in einer Umfrage der Nachrichtenagentur ADN eine Aufstockung des Lehrstellen-Sonderprogramms für die neuen Länder, um die Arbeitslosigkeit unter der jungen Generation einzudämmen.

Ohne zusätzliche Anstrengungen von Bund und Ländern schlittere der Osten "in eine Katastrophe", sagte Sachsen-Anhalts DGB-Chef Jürgen Weißbach in Magdeburg. Das Bund-Neue-Länder-Programm müßte statt angedachter 15.000 auf 20.000 Stellen aufgestockt werden. Wirtschaft und öffentliche Verwaltungen sollten zudem ihr Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen um mindestens fünf Prozent gegenüber 1997 anheben.

Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Landeschef Harald Ringstorff sieht in der Lehrstellenlage eine "Gefahr für die Demokratie". Vielen jungen Menschen würde nach der Schule der Eindruck vermittelt, daß sie nicht benötigt werden, betonte Ringstorff in Schwerin. Notwendig sei eine Ausbildungsumlage, die nichtausbildende Unternehmen zur Kasse bitte und ausbildenden unter die Arme greife. Eine SPD-geführte Bundesregierung würde dafür sorgen, daß jedem Jugendlichen ein qualifizierter Ausbildungsplatz zur Verfügung gestellt wird.

Auch Berlins Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) appellierte an die Wirtschaft, ihrer Verantwortung nachzukommen. Sie forderte zugleich eine Neuauflage des Programms Lehrstellen-Ost. Nach DGB-Schätzungen fehlen in Berlin und Brandenburg 20.000 Lehrstellen. Der zuständige Abteilungsleiter im DGB-Landesbezirk, Rainer Heinrich, verlangte zudem eine verstärkte Unterstützung für mittelständische Betriebe. Statt der "versteckten Förderung" durch Zuschüsse je Ausbildungsplatz solle es eine "offene Unterstützung" für die Unternehmen geben.

Nach Ansicht des DGB Sachsen wird die Lehrstellenkrise mit deutlich mehr Bewerbern als offenen Stellen bis 2005 anhalten. Es sei abzusehen, daß weiterhin Tausende Bewerber nicht in die reguläre Duale Ausbildung kommen, sondern in öffentlich geförderte Programme, sagte Vize-Landeschefin Iris Kloppich in Dresden. Vor allem die ostdeutsche Industrie bilde nach wie vor nicht in ausreichendem Maße aus. Gegenwärtig könnten über 70 Prozent der jungen Leute in Ostdeutschland, die eine Lehrstelle suchen, nicht im regulären Dualen System untergebracht werden.

Das Land Thüringen, der Verband der Wirtschaft und der DGB hatten in der vergangenen Woche eine neue Ausbildungsplatzinitiative ins Leben gerufen. Ziel des Aktionsprogramms für 1998 sei es, jedem Lehrstellensuchenden eine Ausbildung zu ermöglichen, sagte Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU). Durch die Ausbildungsplatzinitiative würden dem Freistaat Kosten von 120 Millionen Mark entstehen.

wsd/hoe

051017 Apr 1998