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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 25.04.1998, 12:42 Uhr.

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Messe/Hannover/Abschluß/Korr/
Konjukturelles Frühlingsrauschen auf der größten Investitionsgütermesse - Hoffnungen für Arbeitsmarkt-Impulse

--Von ADN-Korrespondent Heinz Simon--

Hannover (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die Hannover Messe, für sechs Tage der Marktplatz der Weltindustrie, sah zum Abschluß am Samstag sehr zufriedene Gesichter. Die Wirtschaftsentwicklung gewinnt an Breite, Tiefe und Tempo, die Konjunkturlok Export steht mehr denn je unter Dampf, und die bislang lahmende Binnenkonjunktur rappelt sich langsam auf. Die Positionen deutscher Hersteller auf dem Weltmarkt sind gefestigt und teilweise zurückerobert worden. Schrittmacher des angesagten Aufschwungs bleiben die Schlüsselbranchen Maschinenbau und Elektrotechnik. Positive Meldungen gibt es nicht nur bei Innovationen und Produktivität, sondern auch für den Arbeitsmarkt.

Die Schlußbilanz der Veranstalter und Fachverbände liefert die begleitende Melodie für das konjunkturelle Frühlingsrauschen. Ganz im Zeichen der Globalisierung der Märkte kamen rund 45 Prozent der gut 7.500 Aussteller aus dem Ausland. Messevorstand Klaus E. Goehrmann sagte, die Industrieschau habe ganz im Zeichen von Investitionen, Innovationen und Internationalität gestanden. "Konjukturoptimismus durchströmte die Messe." Diesmal wurden rund 320.000 Besucher gezählt (1997: 296.000).

Die neuen Bundesländer waren in diesem Jahr nach Zahlen in etwa wie im Vorjahr präsent. Es wurde jedoch deutlich, daß sie sich viel selbstbewußter und mit qualitativ weiter verbesserten Produkten den kritischen Augen stellten. Auffällig auch der repräsentative Auftritt von Hochschulen und industrienahen Forschungseinrichtungen. Das spricht für den Zuwachs an technologischer Leistungsfähigkeit und Kompetenz. Defizite zeigen sich nach wie vor beim Marktzugang, häufig die Konsequenz der schlechten Eigenkapitaldecke. Die Mehrzahl der ostdeutschen Aussteller war daher auch auf Gemeinschaftsständen zu finden. Spitzenpolitiker der neuen Länder kritisierten in Hannover auch, daß der Bund seine Messe-Fördermittel abgespeckt hat.

Dies war die letzte Industriemesse vor dem für den 1. Januar 1999 anvisierten Euro-Start und vor der EU-weiten Liberalisierung der Strommärkte. Wirtschaft und Politik nutzten das Podium, um eindringlich für die Wirtschafts- und Währungsunion zu werben und zugleich das unzureichende Euro-Vorbereitungstempo in vielen Betrieben zu beklagen. Der Bereich Energie- und Umwelttechnik zeigte viele Management-Lösungen, die bereits auf den grenzenlosen Stromhandel abgestellt sind. Offen blieb, welche Rahmenbedingungen für den weiteren Kraftwerksausbau bestehen und welche Optionen bei den Stromquellen künftig als sicher gelten.

Wie schon auf der Computermesse Cebit vor einem Monat wurden warnende Stimmen über die drohende Ingenieurlücke laut. Angesichts halbierter Studienbewerberzahlen in diesen Fächern seit Anfang der 90er Jahre wurde nicht nur eine Umorientierung bei der Berufswahl der Jugendlichen gefordert. Der Chemieverband und der Verein der Ingenieure wiesen auch auf strukturelle Mängel beim Studium und auf die unzureichende Studierfähigkeit der Abiturienten hin.

Die Bundestagswahlen sorgen dafür, daß auch stärker als sonst die Wirtschaftspolitik und die von der Industrie angemahnten Rahmenbedingungen die Messedebatten dominierten. Die Wirtschaftsprogramme der Parteien kamen auf den Prüfstand und wurden benotet. Große Steuerreform, Entlastung bei den Arbeitskosten, das Pro und Contra bei der ökosteuer sowie der weitere Umbau des Renten- und Sozialsystems waren die zentralen Themen des kontroversen Disputs.

hsi/tba

251042 Apr 1998