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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 19.12.1998, 22:11 Uhr.

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Kongreß klagt Clinton an - Dritte Abendmeldung

(neue Einzelheiten)US-Repräsentantenhaus billigt zwei von vier Anklagepunkten

- Präsident lehnt Rücktritt weiter ab ¢

Washington (AP) Das US-Repräsentantenhaus hat Präsident Bill Clinton am Samstag wegen der Lewinsky-Affäre in zwei Punkten angeklagt und damit ein Amtsenthebungsverfahren eröffnet. Die Kammer billigte mit ihrer republikanischen Mehrheit zwei von vier Anklagepunkten, in denen dem Präsidenten Meineid vor einer Anklagekammer und Behinderung der Justiz vorgeworfen wird. Von den Anklagepunkten Meineid im Fall Paula Jones und Amtsmißbrauch sprachen die Abgeordneten Clinton frei. In einer Stellungnahme lehnte der Präsident seinen Rücktritt ab.

Die Abstimmungen in den verabschiedeten Anklagepunkten verliefen gemäß der Parteizugehörigkeit. Dem ersten Anklagepunkt, Meineid bei Clintons Aussage am 17. August, stimmten 228 Abgeordnete zu, 206 stimmten dagegen. Im dritten Punkt, Behinderung der Justiz durch Beeinflussung von Zeugen und Vorenthaltung von Beweisen, lautete das Ergebnis 221 zu 212. Dagegen stimmten im zweiten Punkt, Meineid bei Clintons Aussagen am 23. Dezember 1997 und am 17 Januar dieses Jahres, 229 Parlamentarier gegen eine Anklage und 205 dafür. Im vierten Punkt, Amtsmißbrauch, stimmten 285 Parlamentarier gegen eine Anklage und 148 dafür. Im Repräsentantenhaus sitzen 228 Abgeordnete der oppositionellen Republikaner und 206 Demokraten.

Mit der Entscheidung des Repräsentantenhauses wird nun im Senat ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) gegen Clinton geführt. Den Vorsitz hat der Oberste Richter des Supreme Courts. Nach Abschluß des Verfahrens müssen zwei Drittel der 100 Senatoren den Präsidenten schuldig befinden, um ihn des Amtes zu entheben. Die Republikaner haben in der Kammer eine Mehrheit von 55 zu 45 Mandaten.

Zwtl: Gore spricht von »traurigstem Tag«

Clinton sagte, er hoffe, daß das Verfahren im Senat fairer ablaufe, als dies bislang geschehen sei. In der Zwischenzeit werde er seine Arbeit fortsetzen und daran arbeiten, das Land enger zusammenzuführen. Dies habe er in den vergangenen sechs Jahren gemacht und beabsichtige, dies auch in den kommenden zwei Jahren zu tun. Der Präsident appellierte an alle Beteiligten, die "Politik der persönlichen Zerstörung" zu beenden.

Hinter Clinton, der seine Erklärung vor dem Weißen Haus abgab, hatten sich die meisten der demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus versammelt. Sie quittierten die Rede mehrfach mit Applaus. Zudem begleitet wurde Clinton von seiner Frau Hillary, Vizepräsident Al Gore und dem Fraktionsführer der Demokraten im Abgeordnetenhaus, Richard Gephardt. Gore sagte, dies sei der "traurigste Tag", den er jemals in Washington erlebt habe.

Der zweite Tag der Debatte im Repräsentantenhaus hatte bereits mit einem Paukenschlag begonnen. Der designierte Parlamentspräsident, der Republikaner Bob Livingston, zog seine Kandidatur wegen außerehelicher Affären zurück und kündigte an, sein Abgeordnetenmandat im kommenden Jahr niederzulegen. Vom Präsidenten verlangte Livingston, seinem Beispiel zu folgen. Clinton forderte Livingston auf, die Entscheidung zu überdenken. Der 55jährige hatte seine Fraktion am Freitag mit dem Eingeständnis eines Ehebruchs überrascht.

Bislang wurde in der US-Geschichte nur einmal ein Verfahren zur Amtsenthebung eines Präsidenten im Senat geführt. Präsident Andrew Johnson wurde 1868 vom Oberhaus freigesprochen. Präsident Richard Nixon trat wegen des Watergate-Skandals 1974 vor der Einleitung des Impeachment-Verfahrens zurück.

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AP/387,389,rd/rz

192111 Dec 1998