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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 21.12.1992, 13:21 Uhr.

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Eiskunstlauf/Chemnitz
Ans Aufhören noch nicht gedacht: Evelyn Großmann und Jutta Müller

-- Von Bernd Herrmann --

Chemnitz (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die große Dame des Welt-Eiskunstlaufs, Jutta Müller, steckt nicht auf. Ihr Ziel, 60 Medaillen bei Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen mit ihren Schützlingen zu gewinnen, hat die 63jährige Chemnitzer Star-Trainerin nicht aufgegeben, auch wenn seit dem EM-Titel von Sankt Petersburg 1990 und dem 2. Platz von 1991 jeweils von Evelyn Großmann kein Erfolg mehr auf internationalem Eis gelang.

Mit Simone Lang (nach Oberstdorf) und Ronny Winkler (zu Sonja Morgenstern) verlor Jutta Müller zwei Schützlinge, die nun zur EM nach Helsinki fahren. Dennoch: Die Trainerin will mit der 21jährigen Evelyn Großmann "ihre Laufbahn" fortsetzen, auch wenn es bei den Deutschen Meisterschaften in Mannheim nicht zu einer EM-Qualifikation reichte.

"Ich bleibe in Chemnitz, trainiere noch Evelyn Großmann und gebe ab und zu noch Tips an die Nachwuchstrainer des Vereins", umreißt Jutta Müller, die sicherlich nie vom Eis loskommt, ihr Programm. "Ab und an fahre ich aus alter Verbundenheit zu Sjoukje Dijkstra nach Holland und helfe dort beim Aufbau der Nationalmannschaft." Die Holländerin war 1964 Olympiasiegerin und außerdem noch dreimal Weltmeisterin. Sie gehörte zu den Vorbildern der damals aufsteigenden Gabriele Seyfert, die mit ihren Medaillen auch das Erfolgstor für ihre Mutter Jutta Müller weit aufstieß.

Nun muß die Trainerin wieder ein Jahr warten, sollte nicht Marina Kielmann, Simone Lang oder Tanja Szewczenko ausfallen. Evelyn Großmann ist als Meisterschafts-Vierte Ersatzkandidatin, worüber Jutta Müller unzufriedener als ihr Schützling ist, der sich nach einem Jahr verletzungsbedingter Pause wieder der Konkurrenz stellte. "Ich habe mich wieder ins Gespräch gebracht, das muß mir vorerst genügen", kommentierte die Gymnasiastin, die im Frühjahr ihr Abitur baut, ihre Plazierung auf dem undankbaren vierten Rang.

Jutta Müller beurteilt den Rang aus ihrer Sicht: "Evelyn war souverän und hätte eine Medaille in Mannheim verdient gehabt. Vor allem im Läuferischen und bei den Verbindungselementen zwischen Sprüngen und Pirouetten war sie die Beste. Bei den Sprüngen stand sie in der Kür den anderen Mädchen - außer Marina Kielmann - nicht nach." Die Amateurfotografin Evelyn Großmann, die ohne die Unterstützung der Deutschen Eislauf-Union (DEU) die Schlittschuhe hätte schon an den Nägel hängen müssen, hatte keine Lobby beim Preisgericht. "Evelyn gehörte in die Helsinki-Mannschaft", urteilte spontan der zweifache Deutsche Meister Daniel Weiss (Ingolstadt).

Den Verdacht, daß Evelyn Großmann an ihrer Partnerschaft mit der anscheinend wenig von der DEU und dem Cros der Preisrichter geliebten Jutta Müller scheiterte, wies der 1. DEU-Vorsitzende Dr. Wolf-Dieter Montag zurück: "Wenn das Verhältnis nicht so gut zwischen Evelyn und Frau Müller wäre, wäre sie schon lange weggegangen. Von einer Benachteiligung kann keine Rede sein. Die Platzziffern waren eindeutig."

Das Duo Großmann/Müller läßt sich dennoch nicht unterkriegen und denkt schon gar nicht ans Aufhören. "Daran habe ich noch keinen Gedanken verschwendet. Ich muß alles erst einmal in Ruhe setzen lassen", meinte Evelyn Großmann.

kho/rbz

211221 Dec 1992