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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 01.09.1992, 13:29 Uhr.

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EG/Deutschland/Binnenmarkt
DIW: Forschungsdefizite bei regionalen Folgen des EG-Binnenmarktes

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Weiße Flecke bei der Erforschung der Konsequenzen, die sich aus dem EG-Binnenmarkt für Regionen und Wirtschaftsbranchen in der Bundesrepublik ergeben, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, konstatiert. In einem von der Sozialistischen Fraktion im Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Gutachten wird ein erheblicher politischer Handlungsbedarf festgestellt. Nach wie vor bestehe ein deutliches Informationsdefizit bei Vertretern der öffentlichen Hand und Unternehmen in der Region, hieß es bei der Vorstellung der Analyse am Dienstag in Berlin.

In bezug auf Ostdeutschland sind die Forschungslücken besonders groß. Hier dominieren nach Darstellung der DIW-Experten im öffentlichen Bewußtsein die Konsequenzen der deutschen Einheit, wodurch Binnenmarkteffekte in den Hintergrund treten. Kurzfristig scheinen für die neuen Bundesländer bestehende EG-Regelungen - etwa in der Landwirtschaft, der Werftindustrie, der Energieversorgung - von größerer Bedeutung als die bevorstehende Verwirklichung des Binnenmarktes. Die Dringlichkeit gesonderter Untersuchungen für die Wirtschaft in den Ostregionen wird mit dem Hinweis begründet, daß nach dem Fortfall der Sonderförderungen die neuen Bundesländer voll dem Wettbewerbsdruck des Binnenmarktes ausgesetzt sind.

Als ein Sonderproblem werden in der DIW-Analyse die vom EG-Binnenmarkt ausgehenden Gefahren für die klein- und mittelständischen Unternehmen ausgewiesen. Daraus resultiere der hohe Bedarf an speziellen Informationen zu Fragen des EG-Rechts, der Finanzierung und Kooperation sowie der ausländischen Märkte.

Der DIW-Bericht listet charakteristische Schwächen der Bundesländer im EG-Binnenmarkt auf. Für Brandenburg erscheinen als Indikatoren: EG-Randlage (falls der Polenhandel nicht entscheidend belebt werden kann), erhebliche Altlasten und Rückstände bei der Wirtschaftsstruktur. Für Mecklenburg-Vorpommern werden als Faktoren hervorgehoben: hohe Arbeitslosigkeit, vor allem in der Landwirtschaft, unzureichende Infrastruktur, unzureichende Mittelstands-Politik. Bei Sachsen-Anhalt werden überalterte Infrastruktur sowie umfangreiche Struktur- und Umweltprobleme ausgewiesen. Für das Land Sachsen hebt das DIW-Papier die Politik der Energieversorgungsunternehmen als Schwächen hervor. Thüringen ist besonders wegen hoher Lohnkosten im Vergleich zur Produktivität sowie wegen überdurchschnittlicher Steuern und Energiekosten im Nachteil. Bei West-Berlin fallen ins Gewicht: Konkurrenz durch das Umland, verzerrte Strukturen des verarbeitenden Gewerbes, Wegfall der Subventionen, hohe Energie- und Lohnkosten sowie die Knappheit an Gewerbeflächen.

hsi/hoe

011129 Sep 1992