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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 21.12.1992, 14:21 Uhr.

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Stasi/Unterlagengesetz/Stolpe
Unionsabgeordnete gegen Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes - Kritik an Stolpe-Ausschuß

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Gegen eine Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes haben sich zwei ostdeutsche Mitglieder des Stasi-Unterausschusses des Bundestages ausgesprochen. Gleichzeitig forderten die beiden CDU-Abgeordneten Hartmut Büttner und Michael Stübgen den Stolpe-Untersuchungsausschuß des Potsdamer Landtages auf, die Beweisaufnahme bis zu einer "ausreichenden Klärung" fortzusetzen. Sollten Stolpes Kontakte mit der Stasi nicht zu politischen Konsequenzen führen, werde dies für die Gleichbehandlung in Deutschland "schlimme Folgen" haben, warnten Büttner (Sachsen-Anhalt) und Stübner (Brandenburg) auf einer Pressekonferenz am Montag in Berlin.

Das Stasi-Unterlagengesetz habe sich bewährt und sollte "nicht ohne Not" geändert werden, sagte Unterausschuß-Vorsitzender Büttner. Anwendungsprobleme dürften nicht zu einer Novellierung führen, sondern sollten durch "sinnvolle Ergänzungen durch Interpretation" und "ergänzenden Maßnahmen" wie Benutzerordnung, Übernahme der Personenkennzahl-Kartei in das Gauck-Archiv und Abordnung von Staatsanwälten in die Behörde gelöst werden. Die beiden Abgeordneten bezogen sich auf "Begehrlichkeiten" nicht näher genannter "interessierter politischer Kreise" nach Änderung des Gesetzes, was zu dessen "völliger Deformierung" ausgenutzt werden könnte.

Die Abgeordneten kritisierten, daß der Potsdamer Ausschuß dem Wunsch einiger Landtagsfraktionen nach zusätzlichen Zeugenvernehmungen und Aktenbeiziehungen wegen angeblicher Rechtswidrigkeit der Anträge nicht entsprochen habe. Dazu gehöre ein Antrag der CDU-Fraktion, die Gauck-Behörde um die Ermittlung der Klarnamen der Inoffiziellen Mitarbeiter aus dem kirchlichen Bereich zur Vorbereitung weiterer Zeugenbenennungen zu bitten. Büttner und Stübgen kritisierten weiter, daß der Überprüfung der Abgeordneten des Brandenburger Landtages auf eine eventuelle Stasi-Tätigkeit die "notwendige Transparenz" fehle. Der entsprechende Parlamentsbeschluß sei im Fall Stolpe nicht konsequent angewendet worden. Weiter bemängelten die Abgeordneten die Einsetzung der beiden Vertrauensbevollmächtigten, Generalsuperintendent Günter Bransch und Monsignore Karl-Heinz Ducke ohne vorherige Überprüfung durch die Gauck-Behörde.

Nach Meinung von Büttner und Stübgen ist die Praxis der Beschäftigung von MfS-Mitarbeitern bereits jetzt durch den Fall Stolpe beeinflußt. "Wie kann man Parkgärtnern von Sanssouci erklären, daß sie wegen erwiesener konspirativer Zusammenarbeit nicht mehr im öffentlichen Dienst beschäftigt werden können, wohl aber ihr oberster Dienstherr trotz gleicher Verhaltensweise im Amt bleibt?", fragte Büttner.

mwo/hpn

211321 Dec 1992