[zurück zur Suche]

 

Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 09.06.1992, 17:34 Uhr.

Die dts Nachrichtenagentur hält die umfangreichen Nutzungs- und Verwertungsrechte. Bei Fragen zu Sondernutzungsrechten oder Lizenzierung wenden Sie sich an unseren Vertrieb.

 

ADN1165 4 pl 324

Koalition/Parteienstreit/Frankfurt
Frankfurts OB als Opferlamm zur Beilegung des Koalitionskrachs in Frankfurt (Oder)?

--von ADN-Korrespondentin Sabine Klaus--

Frankfurt (Oder) (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die SPD-Fraktion im Frankfurter Rathaus will sich "ohne Einschränkungen" schnellstens Gesprächen mit der CDU stellen. Das versicherte Fraktionschef Horst Düppelfeld gegenüber ADN. Nach dem Koalitionskrach, bei dem die CDU ihren Austritt aus dem Bündnis mit der SPD und dem Neuen Forum bekanntgab, wollten die Christdemokraten "Köpfe rollen" sehen. In einer von der Fraktion verfaßten Erklärung hieß es wörtlich: "Die Verantwortlichen müssen sich fragen lassen, ob es nicht an der Zeit wäre, nun endlich zurückzutreten und ihr Amt zur Verfügung zu stellen." Diese Aufforderung ging vor allem an die Adresse von Oberbürgermeister Wolfgang Denda (SPD).

Der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte, war die Entscheidung des Oberbürgermeisters, den neuen Pressesprecher des Rathauses, den Düsseldorfer Lutz Pohland (CDU), erst gar nicht das Amt antreten zu lassen. Begründet wurde dieser Schritt mit dem Vertrauensbruch Pohlands, der dem OB seine CDU-Mitgliedschaft verschwiegen hatte.

Die Handlungsweise Dendas sei ungeschickt gewesen, meinte nun Düppelfeld. Seiner Ansicht nach ist dies aber nicht so bedeutend gewesen, um einen Koalitionskrach hervorzurufen. Nunmehr den Oberbürgermeister "abzusägen", ihn als Opferlamm zur Beilegung des Parteienstreits darzubieten, sei nicht angedacht. In einer SPD-Fraktionssitzung solle über alle Fragen gesprochen werden, um zu einem gemeinsamen Standpunkt zu kommen, sagte Düppelfeld. Es gehe um die Ursachen, die zum Koalitionsbruch führten. Die in der vergangenen Zeit von den Parteien gemachten Fehler müßten auf den Tisch.

Kritisch vermerkte Düppelfeld, daß Denda bislang keine Veranlassung gesehen hat, aus seinem Urlaub zurückzukehren. Die brisante Lage werde wohl unterschätzt und auch vom amtierenden Vize-Oberbürgermeister Detlef-Heino Ewert (SPD) verniedlicht.

Ewert sagte auf ADN-Anfrage, es bestehe keine Notwendigkeit, den OB ins Rathaus zurückzubeordern. Die Stadt sei trotz des Koalitionsbruchs regierbar, die Beschlußfähigkeit im Parlament vorhanden. Seiner Ansicht nach hat der Oberbürgermeister vernünftig gehandelt. Alle Dezernenten, auch die weiter im Amt befindlichen CDU-Dezernenten, hätten dies akzeptiert, unterstrich Ewert. In der Dezernentenberatung am Dienstag sei darüber nochmals gesprochen worden. Daß diese Entscheidung zum Koalitionsbruch geführt habe, sei für ihn unverständlich, sagte der Vize-OB. Es wäre enttäuschend, wenn Denda dafür des Amtes enthoben werden sollte. (Auch Landesdienst)

091534 Jun 1992