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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 18.08.1993, 23:29 Uhr.

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ADN0179 4 pl 185

Presse/Israel/Demjanjuk
"Der Tagesspiegel" (Berlin)

"es war ein zerstoererischer, ein quaelender prozess. ueber jahre hinweg wurden immer wieder einzelheiten aus dem betrieb deutscher vernichtungslager detailliert geschildert, erinnerten sich ueberlebenden unter traenen, kaempften zeugen um die erinnerung an unvorstellbare grausamkeiten. diese qual nahmen sie auf sich, weil sie einen mann bestraft sehen wollten, dessen taten zu ungeheuerlich waren, als das eine gerechte strafe moeglich schien. aber wenigstens das vor irdischen gerichten moegliche sollte getan werden. die anstrengung war umsonst. sieben jahre nach beginn des prozesses und fuenf jahre nach dem schuldspruch kamen begruendete zweifel auf, ob der angeklagte wirklich jener ''iwan der schreckliche'' war, als der er verurteilt worden war. iwan demjanjuk wird also, wenn die obersten israelischen richter dies am freitag bestaetigen, israel als freier mann verlassen koennen. es ist dies ein sieg des rechts ueber die gerechtigkeit, denn dass hier ein taeter davonkommt, daran besteht kaum ein zweifel. das schmerzt. aber es ist vielleicht ein groesserer sieg ueber das babarische unrechtsregime dessen teil demjanjuk war, als es seine verurteilung haette sein koennen. das recht, das die taeter mit fuessen traten, das sie nach belieben beugten und brachen, es hat einem der ihren zu freiheit verholfen. weil es etwas gilt, weil es richter gibt, die es selbst vor gerechtem zorn schuetzen. dies ist ein triumph, wenn auch ein bitterer, ueber das unrecht."

ADN

182129 Aug 1993