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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 26.09.1993, 11:16 Uhr.

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ADN2020 4 pl 320

lmv/pl/CDU/Parteitag/Preschle
Schwäbischer Newcomer soll CDU-Streit in Mecklenburg-Vorpommern schlichten

--Von ADN-Korrespondent Ralph Sommer--

Schwerin (dts Nachrichtenagentur/ADN-lmv). "Auf den müssen wir aufpassen! Jetzt hat der mir doch gleich die Tagesordnung geklaut", klagte Harald Lastovka, Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Vize und Tagungsleiter auf dem Landesparteitag seiner Partei am Sonnabend in Wolgast. Sein zehn Minuten zuvor gewählter neuer Generalsekretär, Klaus Preschle, hatte die Papiere an sich gerissen und Lastovka für kurze Zeit in Konzeptlosigkeit allein gelassen.

Als einen energischen jungen Mann hatte denn auch Parteichefin Angela Merkel ihren Kandidaten den Delegierten vorgestellt. Mit viel Engagement und Fingerspitzengefühl, gelobte der erst 33jährige, noch unverheiratete Diplomkaufmann aus Baden-Württemberg, werde er gleich in den nächsten Tagen an die CDU-Arbeit im deutschen Nordosten gehen. Der Aufbau der neuen Kreisstrukturen und die Unterstützung von Frauen-Union und Junger Union, seien seine Bewährungsproben. Nebenbei sei sein Umzug aus Bonn nach Mecklenburg geplant, sagte der schwäbische Newcomer. Nicht als Besserwisser sei er gekommen, im Gegenteil: "Die Leute sollen wissen, daß ich im Unterschied zu meinen ostdeutschen Altersgenossen niemals irgendwelche berufliche oder private Nachteile erlebt habe. Auch deshalb will ich nun hier meinen Beitrag leisten." An seinem süddeutschen Akzent wolle er arbeiten, sich im Platt unterrichten lassen, doch zweifle er da am hundertprozentigen Erfolg.

Den wird er in seiner Parteiarbeit brauchen. Schon wurden in Wolgast Zweifel laut, ob ein ach so junger Generalsekretär, aus dem ach so weiten Heilbronn, ach so kurz vor dem Wahlkampf der wirklich richtige Mann für die konfliktreiche CDU in Mecklenburg-Vorpommern sei. Dem schließlich doch mit 71 Prozent gewählten Preschle werden mit Sicherheit schon bald die noch nicht geglätteten Wellen des parteiinternen Personalstreits entgegenschlagen. Daß er die zerstrittenen Fronten zwischen den Anhängern von Ministerpräsident Berndt Seite und jenen seiner innerparteilichen Rivalen wie der geschaßten Minister Günther Krause, Georg Diederich und Ulrich Born schlichten kann, wird allgemein bezweifelt. Doch einen geeigneten Mann für die gerade im Superwahljahr 1994 so wichtige Aufgabe habe man im Osten Deutschlands nicht finden können, verteidigte ihn Parteichefin Merkel. Indes munkeln jedoch christdemokratische Delegierte, bei der Wahl des Bonner Abteilungsleiters aus der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung habe einmal mehr Deutschlands Personalchefplaner Helmut Kohl seine Finger im Spiel gehabt.

som/sme/wsd

261016 Sep 1993