[zurück zur Suche]

 

Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 24.10.1993, 11:52 Uhr.

Die dts Nachrichtenagentur hält die umfangreichen Nutzungs- und Verwertungsrechte. Bei Fragen zu Sondernutzungsrechten oder Lizenzierung wenden Sie sich an unseren Vertrieb.

 

ADN4003 4 pl 340

Tarife/Soziales
(Wochenend-Zusammenfassung mit neuem Material / Sperrfrist für Meyer-Passagen 1500) IG Bau sieht keinen Grund für Lohnverzicht - DGB gegen Sozialabbau

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die IG Bau-Steine-Erden werde sich nicht auf Nullrunden oder einen Lohnverzicht in der Baubranche einlassen. Das bekräftigte IG-Vorsitzender Ernst-Ludwig Laux am Sonnabend in Trier. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Heinz-Werner Meyer, rief die Gewerkschaften zugleich dazu auf, sich gegen die Politik des Sozialabbaus zu wehren.

Angesichts der vergleichsweise guten Konjunkturlage in der Baubranche gehe seine Gewerkschaft nicht davon aus, daß sich die Bau-Arbeitgeber an dem "tarifpolitischen Spiel mit dem Feuer" beteiligen werden, das die Metallarbeitgeber gegenwärtig betrieben, sagte Laux auf einer Gewerkschaftsveranstaltung. Er machte zugleich die Bundesregierung für das politische Klima verantwortlich, das die Diskussion um Nullrunden und Lohnabbau ermöglicht habe. Die Regierung Kohl habe "innerhalb weniger Jahre ein beispielloses Finanzchaos angerichtet und einen gigantischen Umverteilungsprozeß von unten nach oben in Gang gesetzt". Die Folge sei eine Furcht in großen Teilen der Gesellschaft, "das alltägliche Leben nicht mehr bezahlen zu können".

Meyer kritisierte am Sonntag auf dem Gewerkschaftstag der Deutschen Postgewerkschaft in Hannover, derzeit werde auf den Sozialstaat eingedroschen, "auf daß er möglichst billig und niedlich werde". Die Folgen einer solchen Politik könne man in Großbritannien sehen, wo die soziale Sicherheit brüchig und Tarifverträge instabil geworden seien.

Der Spitzenkandidat der SPD für die Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt 1994, Reinhard Höppner, bezeichnete den Kampf gegen den fortschreitenden Sozialabbau in Deutschland als eines der wichtigsten Ziele seiner Partei. Auf der Landeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) der SPD am Sonnabend in Halberstadt rief Höppner die Menschen in Deutschland auf, sich dagegen zur Wehr zu setzen, wenn über lange Jahre zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelte soziale und tarifliche Errungenschaften ausgehebelt werden sollen. Mit den Sozialdemokraten sei das nicht zu machen.

Für die Einführung von Investivlöhnen als Mittelweg zwischen expandierenden Barlohnforderungen und Lohnverzicht sprach sich der Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Werner Schreiber, aus. Der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Neue Zeit" (Montagausgabe) sagte Schreiber, der zugleich Sozialminister in Sachsen-Anhalt ist, zwar seien bislang weder Arbeitgeber- noch Arbeitnehmerseite auf diese Überlegungen eingegangen, doch in Teilen der Gewerkschaften stehe man einem solchen Modell "recht positiv" gegenüber.

hwa

241052 Oct 1993