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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 18.07.1993, 13:17 Uhr.

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Aserbaidschan/Demonstration
Innenpolitische Lage in Aserbaidschan weiterhin gespannt - Demonstration von Anhängern Elcibeys gewaltsam aufgelöst - Ehemaliger Parlamentschef und frühere Minister verhaftet

Baku/Moskau (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die innenpolitische Lage in der Kaukasusrepublik Aserbaidschan bleibt unverändert gespannt. Mit Schlagstöcken ging die Polizei in der Hauptstadt Baku gegen Anhänger des geflüchteten Staatschefs Abulfas Elcibey vor, berichtete Interfax am Sonntag. Die rund 2.000 Demonstranten hatten die Wiedereinsetzung von Elcibey in das Präsidentenamt gefordert und gegen die Verhaftung des ehemaligen Parlamentschefs Issa Gambarow sowie anderer früherer Minister demonstriert.

Den Angaben zufolge gehören zu den rund 300 Inhaftierten auch führende Köpfe der Volksfront Aserbaidschans, die die Kundgebung organisiert hatte. Elcibey ist Chef der Partei, die im Juni vergangenen Jahres bei den ersten demokratischen Präsidentschaftswahlen in der ehemaligen Sowjetrepublik einen überlegenen Sieg erringen konnte.

Das Parlament hatte sich am Sonnabend dafür ausgesprochen, dem Staatschef als einen der Hauptverantwortlichen für die blutigen Ereignisse in der Stadt Gjandscha das Mißtrauen auszusprechen. Ein endgültiger Beschluß zu dieser Frage soll auf der nächsten Tagung des Gremius getroffen werden. Dann wird auch über eine Volksbefragung hinsichtlich der Amtsführung von Elcibey entschieden. Die Deputierten erklärten darüberhinaus die verhafteten Gambarow und frühere Kabinettsmitglieder, unter ihnen die Ressortschefs für Sicherheit und Inneres, für mitverantwortlich. Grundlage war der Bericht einer Untersuchungskommission.

In einer von den Abgeordneten verabschiedeten Resolution wurden die tragischen Vorfälle in Gjandscha als Ergebnis eines geplanten Vorgehens der Staatsführung und als Verletzung der Verfassung und der Gesetze des Landes gewertet.

Bei den bewaffneten Zusammenstößen in Gjandscha im Nordwesten der Kaukasusrepublik zwischen Gegnern Elcibeys und Regierungstruppen waren Anfang Juni 70 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 200 wurden verletzt. Die Rebellen unter dem neuen Ministerpräsidenten Suret Gussejnow begannen dann den Kampf gegen Elcibey, der sich in die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan absetzte. Seitdem ist der neue Parlamentschef und Altkommunist Geidar Alijew amtierendes Staatsoberhaupt.

ewu/ped

181117 Jul 1993