[zurück zur Suche]

 

Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 29.04.1993, 18:32 Uhr.

Die dts Nachrichtenagentur hält die umfangreichen Nutzungs- und Verwertungsrechte. Bei Fragen zu Sondernutzungsrechten oder Lizenzierung wenden Sie sich an unseren Vertrieb.

 

ADN0155 4 pl 345

Stahl/Krupp
(Zusammenfassung mit neuem Material) In Rheinhausen geht der Hochofen aus - Krupp-Aufsichtsrat beschloß Stillegung bis 15. August - Sozialplan von Stahlkochern akzeptiert

Duisburg/Essen (dts Nachrichtenagentur/ADN). Das Krupp-Stahlwerk in Duisburg-Rheinhausen steht endgültig vor dem Aus. Mit elf zu zehn Stimmen beschloß der Aufsichtsrat der Krupp Stahl AG auf einer außerordentlichen Sitzung am Donnerstag in Essen, den Standort offiziell bis zum 15. August stillzulegen und die Rohstahlproduktion des Konzerns auf die Standorte Dortmund und Huckingen zu konzentrieren. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers soll dann allerdings noch bis zu zwei Jahre lang ein Restbetrieb gefahren werden. Von der Entscheidung sind insgesamt mehr als 2.100 Arbeitnehmer betroffen.

Die in der Sitzung umstrittene Entscheidung für die Schließung des Stahlwerkes kam vor allem durch die Stimme des unabhängigen Aufsichtsratsmitgliedes und früheren nordrhein-westfälischen Justizministers Diether Posser zustande. Posser hatte zwischen den rund 150 Stahlkochern, die seit Dienstag das Rheinhausener Bezirksamt besetzt hielten, und dem Vorstand vermittelt. Dieser einigte sich daraufhin am Mittwoch abend mit dem Betriebsrat auf einen Sozialplan, der von beiden Seiten als akzeptabel eingestuft wurde. Aufgrund der verbesserten sozialen Abfederung stimmte Posser dann der Stillegung zu.

Vorausgegangen war der Entscheidung im Aufsichtsrat eine Belegschaftsversammlung der Rheinhausener Stahlkocher, die auf eine Demonstration vor der Essener Krupp-Verwaltung kurzfristig verzichtet hatten. Dort entschieden sich die Arbeitnehmer, den Sozialplan und damit auch die Entscheidung gegen Rheinhausen anzunehmen. Dennoch werde es in den nächsten Monaten noch einige Unmutsbekundungen gegen die Unternehmensführung und die politisch Verantwortlichen geben, äußerte Betriebsratsmitglied Stefan Skodacek nach der Versammlung.

Der Stimmungsumschwung innerhalb der Belegschaft hatte sich bereits am letzten Wochenende vollzogen, als der beauftragte unabhängige Gutachter dem Werk Reinhausen noch schlechtere Perspektiven offenbarte als der Unternehmens-Vorstand. Daraufhin konzentrierte sich der Kampf der Stahlkocher auf eine sozialverträgliche Lösung bei der Stillegung. Vor allem die Zugeständnisse des Vorstandes bei der Behandlung der 52- bis 54jährigen Arbeitnehmer brachte die Konfliktparteien schließlich zu einer Einigung.

Ebenfalls zugestimmt haben die Aufsichtsräte von Krupp auch dem Profilstahlkonzept des Vorstandes für die Werksgruppe Siegen/Hagen. Nachdem im Februar noch von der völligen Stillegung der Werke die Rede war, will man jetzt die Produktion in konzentrierter Form weiterführen. Dennoch werden von den jetzt fast 4.500 Arbeitsplätzen in diesem Bereich langfristig nur 1.500 erhalten bleiben, teilte der Konzern mit.

hoe

291632 Apr 1993