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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 30.09.1993, 17:52 Uhr.

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Sportpolitik/Berlin/Abgeordnetenhaus/Olympia
(Zusammenfassung) Berlins Parlamentarier drängen nach Olympia-Aus auf schnellen Umzug

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Berlin hofft nach der gescheiterten Olympia-Bewerbung mehr denn je auf einen schnellen Umzug von Parlament und Regierung in die deutsche Hauptstadt. Das Berliner Abgeordnetenhaus forderte am Donnerstag in einem Appell die Bundestagsfraktionen und die Bundesregierung auf, den Umzug bis spätestens zum Jahre 1998 zu vollziehen. "Die innere Einheit Deutschlands ist bei Aufrechterhaltung der politischen Strukturen und Schwerpunkte der Nachkriegszeit nicht herzustellen", hieß es.

In einer Regierungserklärung hatte zuvor auch Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) auf einen raschen Umzug gedrängt. Der Wechsel an die Spree bis 1998 sei unverzichtbar für die Glaubwürdigkeit der Politik, den schnellen Wirtschaftsaufschwung in der Region und für das Zusammenwachsen Deutschlands, erklärte er. Wer heute den Umzug verzögere, wolle seiner Meinung nach den Beschluß insgesamt kippen, erklärte Diepgen. Zugleich räumte er "hausgemachte" und "außerhalb Berliner Verantwortung" liegende Fehler bei der Olympia-Bewerbung ein. Das Konzept der Friedensspiele habe angesichts des "unklaren Verhältnisses zu Gewalt und Intoleranz" der Olympia-Gegner, auch der früheren Alternativen Liste, nicht überzeugen können. Diepgen bekräftigte, die Olympia-Bauten, wenn auch teilweise neu dimensioniert, zu errichten.

Von den Oppositionsfraktionen erntete Diepgen als Regierungschef und Aufsichtsratsvorsitzender der Olympia GmbH harsche Kritik. Berliner Filztradition, Posten nach Parteibuch und nicht nach Kompetenz zu besetzen, hat sich gerächt, sagte FDP-Fraktionschefin Carola von Braun. Die Bürger seien viel zu spät begeistert worden. Für Harald Wolf (PDS) ist der Senat "drei Jahre hinter Olympia hinterhergerannt" und hat dabei die Probleme der Stadt vergessen. Bündnis 90/Grüne-Fraktionschef Wolfgang Wieland erklärte, die "Großkotzigkeit" der Olympia-Bewerbung habe die Stadt bei der Hauptaufgabe, Regierungs- und Parlamentsumzug, zurückgeworfen.

SPD-Landes- und Fraktionschef Ditmar Staffelt äußerte seine Skepsis, sich noch einmal für Olympia zu bewerben. Die Stadt müsse sich jetzt auf den Umzug konzentrieren. Der Widerstand in Bonn gegen einen raschen Wechsel offenbare "die großen politischen Brüche in Deutschland".

bln/lun/kho

301652 Sep 1993