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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 16.01.1994, 14:04 Uhr.

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ADN2058 3 pl 157

Einheit/de Maiziere
Letzter DDR-Premier mahnt Menschen in Ost und West zur Versöhnung

Dresden (dts Nachrichtenagentur/ddp/ADN). Der letzte DDR-Ministerpräsident und inzwischen aus der Politik ausgestiegene Rechtsanwalt Lothar de Maiziere (CDU) hat die Menschen im Osten und Westen des geeinten Deutschlands ermahnt, stärker zur Versöhnung bereit zu sein und aufeinander zuzugehen. "Der Prozeß des inneren Einswerden wird nicht gelingen, wenn er auf Dauer mit gegenseitigen Schuldzuweisungen einhergeht", sagte er am Sonntag in einer Matinee-Veranstaltung des Dresdner Kabaretts "Die Herkuleskeule".

Nach Beobachtung von de Maiziere belasten sich nach wie vor am stärksten die Ostdeutschen selbst mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Dadurch werde der Eindruck erweckt, als habe es in der DDR nur Täter und Opfer gegeben, obwohl diese Personengruppen in Wirklichkeit nur etwa vier Prozent der DDR-Bevölkerung ausgemacht hätten. "Der Rest war schlicht und ergreifend Volk", das sich im damaligen System eingerichtet hatte. De Maiziere appellierte daher an die Ex-DDR-Bürger, dieses gegenseitige Denunzieren weder mitzumachen noch sich aufzwingen zu lassen, auch wenn "dieses Thema" im Wettbewerb um den Arbeitsplatz, im politischen Machtkampf oder in den Medien noch häufig instrumentalisiert werde.

lsc/dwz/han

161304 Jan 1994