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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 22.11.1994, 14:52 Uhr.

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ddp/ADN2114 4 pl 209

lth/pl/Justiz/Mauerschützen/Thüringen
Bewährungsstrafe im Geraer Mauerschützen-Prozeß

Gera (dts Nachrichtenagentur/ADN-lth). Im zweiten Thüringer Mauerschützen-Prozeß hat die 1. Strafkammer des Landgerichts Gera am Dienstag das Urteil verkündet. Der heute in Bad Salzungen lebende Angeklagte wurde wegen Totschlags zu einem Jahr Freiheitsentzug, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung, verurteilt. Er hat zudem die Kosten des Verfahrens zu tragen. Damit blieb das Gericht unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von 18 Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung, sowie den geforderten 3.000 Mark, die er an die Vereinigung Weißer Ring zahlen sollte. Die Verteidigung, die auf Freispruch ihres Mandanten plädiert hatte, ließ eine Revision noch offen.

Der gelernte Maschinenschlosser und diplomierte Finanzwirt war angeklagt, am 9. November 1955 an der innerdeutschen Grenze bei Lichtentanne (heute Landkreis Rudolstadt-Saalfeld) einen Mann mit einem gezielten Schuß getötet zu haben. Dieser war der Aufforderung des damals 23jährigen Grenzsoldaten, stehenzubleiben, nicht nachgekommen, worauf der zwei Warnschüsse in die Luft und danach einen Schuß auf die Beine des Flüchtenden abgab. Der Soldat hatte den wegen Wirtschaftsvergehen gesuchten, vorbestraften Kaufmann jedoch in den Hinterkopf getroffen.

In der Begründung des Urteils hieß es, daß der heute 62jährige Angeklagte durch einen "tödlich endenden Schuß" verantwortlich war für den Tod des Flüchtenden. Er habe dessen Tod zwar nicht gewünscht, aber billigend in Kauf genommen. Dem Angeklagten wurde zugute gehalten, daß er die Tat bedauere und geständig war, sich zudem mit den Söhnen des Opfers inzwischen ausgesöhnt habe.

tle/han

221352 Nov 1994