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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 18.01.1994, 13:51 Uhr.

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lsc/wi/Erdgas/VNG/Lieferstopp
(dts Nachrichtenagentur/ddp/ADN-Interview) Keine Gefährdung der Erdgasversorgung für private Verbraucher

Berlin/Leipzig (dts Nachrichtenagentur/ADN-lsc). Die Versorgung der Bevölkerung in den neuen Bundesländern mit Erdgas ist durch den von der Wintershall Handelshaus GmbH (WIEH) für Freitag angekündigten Lieferstopp nicht gefährdet. Mit dieser Stellungnahme reagierte die Verbundnetz Gas AG (VNG) in Leipzig am Dienstag auf Befürchtungen, die nach der WIEH-Ankündigung vom Wochenende aufgetaucht waren. VNG-Pressesprecher Walter Altmann erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur ddp/ADN, weder kurz- noch mittelfristig drohten den ostdeutschen Privatkunden "kalte Füße".

Für die Industrie und Großkunden in den neuen Bundesländern stelle sich die Situation jedoch anders dar. Die Jahresmenge von 2,8 Milliarden Kubikmeter, die WIEH nun zu sperren droht, werde voll zur Versorgung der ostdeutschen Wirtschaft gebraucht. Altmann bezeichnete die von WIEH, einem Gemeinschaftsunternehmen der BASF und der russischen Gazprom, gelieferte Begründung für den möglichen Lieferstopp als "bewußte Irreführung" und "unfair". VNG habe bei den in Dezember 1992 auf dem Bonner Petersberg abgeschlossenen Verhandlungen durchaus Flexibilität gezeigt und in einen Preis eingewilligt, der noch über dem WIEH-Preisniveau für alle großen Kunden russischen Gases in Westeuropa liege. "VNG ist der Kunde, der am besten zahlt. Und dem soll nun - unter Hinweis auf mangelnde Flexibilität bei den Preisen - die Lieferungen gestoppt werden." Das sei einfach nicht nachvollziehbar, sagte Altmann.

Auch der Hinweis von WIEH, wegen der jüngsten Vereinbarungen mit Norwegen brauche VNG das Gas nicht, seien nicht akzeptabel. Diese Mengen würden erst ab 1996 angelandet. Es sei zudem zur Deckung der wachsenden Erdgas-Nachfrage, nicht jedoch als Ersatz gedacht. "VNG hat immer gesagt, daß Rußland auch in Zukunft für Ostdeutschland Erdgaslieferant Nummer eins bleibt." Dies wisse auch die WIEH ganz genau, die nicht nur Konkurrent auf dem Erdgasmarkt, sondern zugleich auch Anteilseigner bei VNG ist.

Der derzeitige Erdgas-Jahresbedarf Ostdeutschlands wird von VNG auf acht bis neun Milliarden Kubikmeter veranschlagt. Nahezu zweidrittel davon wird durch Lieferungen aus Rußland gedeckt. Geregelt werden die russischen Exporte nach Ostdeutschland durch zwei Vereinbarungen. Die im "Jamburg-Abkommen" festgelegten Mengen werden von VNG und Gazprom direkt ausgehandelt. Sie sind vom aktuellen Streit nicht berührt. Im Dezember vergangenen Jahres erfolgten die Absprachen über die Konditionen der für 1994 vorgesehenen Liefermenge von 3,1 Milliarden Kubikmeter. WIEH ist für die im "Orenburg-Abkommen" vorgesehenen Mengen von 2,8 Milliarden Kubikmeter zuständig. Dieser noch zu DDR-Zeiten geschlossene Vertrag läuft bis Ende 1998.

bsd/hsi/cok

181251 Jan 1994