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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 05.07.1995, 10:32 Uhr.

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Tiere/Zoos/Korr
Illegale Einwanderer im Schuhkarton - Immer mehr Kleintiere werden in Zoos geschmuggelt und dort ausgesetzt

--Von ddpADN-Korrespondent Frank Bretschneider--

Düsseldorf (dts Nachrichtenagentur/ddpADN). Urlaub gilt allgemein als die schönste Zeit des Jahres - doch für viele vierbeinige oder gefiederte Hausmitbewohner brechen mit Herrchens und Frauchens Fernweh eher schlechte Zeiten an. Von ihren Besitzern kurzerhand für "unbequem" erklärt, beginnt für so manches Haustier eine Odyssee, die immer häufiger in den Tierparks endet - zum Ärger der Pfleger.

Vor allem das Aussetzen von Kleintieren wie Meerschweinchen, Kaninchen oder Schildkröten in Zoos entwickelt sich vor der Ferienzeit zu einer Art "Modesport", wie Zoodirektoren beklagen. In der Handtasche oder im Schuhkarton verpackt, schmuggeln die Besitzer ihre Exemplare durch den Eingang und lassen sie in den passenden Gehegen frei. Zumeist am frühen Morgen oder späten Abend nutzten Besucher die ruhigen Stunden, um Tiere loszuwerden, sagt der Präsident des Verbandes Deutscher Zoodirektoren, Wolfgang Puschmann.

Häufig bleiben die "blinden Passagiere" bis zur nächsten Zählung unerkannt. Dagegen setzt die "Findelkind-Methode" auf schnelle Entdeckung. Vor allem größere Exemplare werden auf diese Weise "entsorgt": Am Eingangstor angekettete Großpapageien oder illegal importierte Affen, die dem Besitzer unlieb geworden sind: "Hatten wir alles schon da", sagt der Sprecher des Duisburger Zoos, Friedrich Ostenrath, und ergänzt: "Für uns trauriges Alltagsbrot."

Für viele betroffene Tiere ist die Odyssee im Tierpark indessen nicht beendet. Papageien oder Schildkröten bekommen zwar zunächst "Asyl", werden dann aber an Tierheime vermittelt, sagt Ostenrath. Die Gründe seien Platzmangel, aber auch Probleme mit der Haltung: "Uns hat mal jemand einen Schwarzbüschelaffen vor die Tür gesetzt, ohne zu wissen, daß wir diese Tiere gar nicht im Park haben." In einem solchen Fall versuchen die Tierpfleger, einen passenden Zoo für das ausgesetzte Opfer zu finden.

Die Wahrscheinlichkeit, Tierhalter beim Aussetzen ihrer ehemaligen Lieblinge zu erwischen, ist nach Einschätzung der Tierpfleger jedoch verschwindend gering. Außerdem "führen wir ja am Eingang keine Taschenkontrollen durch", sagt Zoopräsident Puschmann. Im Wuppertaler Zoo hat man bereits eine einfache Methode gegen die Flut illegal eingewanderter Kaninchen und Meerschweinchen ersonnen. Zoomitarbeiter Werner Kauffels: "Wenn wir zu viele Kleintiere haben, landen die schon mal im Futternapf der Löwen."

fbr/hoe

050832 Jul 1995