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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 11.06.1992, 21:19 Uhr.

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EG/Maastricht/Steuern/Langguth
Bonner EG-Vertreter: Gemeinschaft braucht Euro-Steuer

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN). Die EG braucht nach Auffassung des Leiters der Vertretung der EG-Kommission in Bonn, Gerd Langguth, eigene Einnahmen. Doch der "Startschuß" für eine Euro-Steuer, die von den Bürgern der Mitgliedstaaten direkt an Brüssel abzuführen ist, könnte "frühestens" die für 1996 geplante Konferenz der Regierungschefs geben, sagte Langguth der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe). "Denkbar als EG-Steuer wäre zum Beispiel ein Zuschlag auf die Körperschaftssteuer, die Einkommenssteuer oder auch eine Infrastrukturabgabe." Wichtig sei, daß diese EG-Steuer die Steuerlast der Bürger nicht erhöht - der Bürger muß also auf nationaler Ebene entsprechend entlastet werden.

Der EG-Vertreter sieht in einem eigenen Steuerrecht der Gemeinschaft auch die Möglichkeit, "das immer wieder beklagte Demokratiedefizit" in der EG zu reduzieren. "Wenn die EG eigene Steuereinnahmen hat, kann darüber auch das europäische Parlament verfügen." Zugleich räumt Langguth ein: "Steuerfragen sind nie populär. Die Überlegungen hinsichtlich einer Euro-Steuer passen zur Zeit kaum in die Landschaft." Doch das heutige Finanzierungskonzept der Gemeinschaft hält Langguth "auf Dauer nicht für haltbar", weil immer mehr Aufgaben auf die EG übertragen würden und sich die Brüsseler Einnahmen heute aus vier sehr unterschiedlichen Quellen speisen würden.

Die gescheiterte Einigung über eine einheitliche Mehrwertsteuerhöhe in Europa von 15 Prozent bedroht nach Ansicht der EG-Kommission den für das Jahresende geplanten Wegfall der Grenzkontrollen. Daher dringe die Kommission darauf, daß die zwölf noch vor dem Juni-Gipfel in Lissabon zu einer Entscheidung kommen. "Denn wir wollen nicht, daß es zu Verzögerungen in einem der zentralen Bereiche des Binnenmarktes kommt - nämlich dem Wegfall der Grenzkontrollen." Besonders unangenehm, so die Zeitung, ist dies für Bonn: mit dem Argument, eine 15prozentige Mehrwertsteuer sei aus EG-rechtlichen Gründen notwendig, hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuererhöhung gegen starke Widerstände durchgesetzt. (Der Beitrag wurde vorab in nachrichtlicher Fassung übermittelt)

111919 Jun 1992