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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 19.01.1995, 15:55 Uhr.

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Bundeswehr/Rentenversicherungen/Zf
(Zusammenfassung mit neuem Material) Rühe wegen Rentenschulden unter Druck

Bonn (dts Nachrichtenagentur/ddp/ADN). Die Kritik an den Zahlungsrückständen der Bundeswehr in Höhe von 1,8 Milliarden Mark bei den Rentenversicherungsträgern wächst. Die SPD warf Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) am Donnerstag ein "beispielloses Pflichtversäumnis" vor, das den Steuerzahler 300 Millionen Mark koste. Der Haushaltsausschuß des Bundestages forderte die Regierung auf, bis Mitte Februar einen Bericht über die genaue Höhe der Schulden und deren geplanten Abbau vorzulegen.

Der SPD-Sozialexperte Rudolf Dreßler nannte das Vorgehen von Rühe rechtswidrig. Das "sture Verhalten" des Verteidigungsministers und die Haushalts-Konsequenzen rechtfertigten "in anderen Demokratien jederzeit die Forderung nach einem Rücktritt". Dreßler verwies darauf, daß die Nachversicherungsansprüche wegen einer zwischenzeitlichen Beitragssatz-Erhöhung und fortschreitender Dynamisierung im Wert deutlich gestiegen seien. Bei rund 60.000 unerledigten Fällen bedeute dies nach Berechnungen der Rentenversicherer Mehraufwendungen von rund 300 Millionen Mark.

Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), Erich Standfest, warf Rühe und Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) vor, sie wollten mit "windigen Entschuldigungen" versäumte Zahlungen für ausscheidende Zeitsoldaten verweigern und den Bundeshaushalt auf Kosten der Rentenversicherten entlasten. Die letztlich Betroffenen seien die Beitragszahler, da diese die Finanzlücken "mit ihren Beiträgen schließen" müßten, sagte Standfest dem Kölner "Express".

Die Bundeswehr zahlt für ihre Zahlungsrückstände aus der Rentennachversicherung ausgeschiedener Zeitsoldaten keine Zinsen. Ein VDR-Sprecher sagte der Nachrichtenagentur ddp/ADN in Fankfurt am Main, für eine Zinsforderung fehle den Rentenversicherern die rechtliche Grundlage. Für öffentliche Arbeitgeber seien anders als für die Privatwirtschaft bei Zahlungsrückständen in der Rentenversicherung weder Säumniszuschläge noch Stundungszinsen vorgesehen.

Der Bundesrechnungshof hatte bereits in seinem Bericht aus dem Jahre 1993 moniert, den Rentenversicherungen entstünden durch den Zahlungsverzug der Bundeswehr erhebliche Zinsausfälle. Der VDR-Sprecher sagte dazu, die Höhe möglicher Einnahmen aus Stundungszinsen sei seitens der Rentenversicherer allerdings niemals berechnet worden, weil sie ohnehin nicht hätten eingetrieben werden könnten.

jsc/stu

191455 Jan 1995