[zurück zur Suche]

 

Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 26.03.1992, 21:47 Uhr.

Die dts Nachrichtenagentur hält die umfangreichen Nutzungs- und Verwertungsrechte. Bei Fragen zu Sondernutzungsrechten oder Lizenzierung wenden Sie sich an unseren Vertrieb.

 

ADN1210 4 bl 314

Berlin/Abgeordnetenhaus
(Tageszusammenfassung) Medienstaatsvertrag und Polizeigesetz verabschiedet - Verkleinerung des Parlaments beschlossen - Mißtrauensantrag gegen Schulsenator

Berlin (dts Nachrichtenagentur/ADN-bln). Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag mit großer Mehrheit das Zustimmungsgesetz zum Rundfunkstaatsvertrag Berlin-Brandenburg und das neue Polizeigesetz (ASOG) verabschiedet. Bei beiden Abstimmungen verließen zahlreiche Oppositionsvertreter nach heftigen Debatten unter Protest den Plenarsaal.

Der Medienstaatsvertrag sieht vor, daß der Sender Freies Berlin (SFB) und der Ostdeutsche Rundfunk (ORB) neben jeweils zwei eigenen regionalen auch zwei gemeinsame Hörfunkprogramme anbieten. Später soll dazu ein gemeinsames drittes Fernsehprogramm kommen. Geplant ist die Einrichtung eines Medienrates, der ähnlich wie derzeit der Berliner Kabelrat über die Vergabe von Sendefrequenzen entscheiden soll. Die Kritik der Opposition sowie beider Rundfunkanstalten und der IG Medien richtete sich vorrangig gegen den vorgesehenen Zwang zur Kooperation der Sender und gegen den Entzug von Frequenzen.

Beim Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) waren die vorgesehenen neuen Polizeibefugnisse wie Einsatz von V-Leuten und verdeckten Ermittlern, "Wanzen" und Observation umstritten. Während Sprecher von CDU und SPD dies mit der Notwendigkeit vorbeugender Verbrechensbekämpfung rechtfertigten, protestierte die Opposition mit einem Transparent "Neue Spitzel braucht das Land".

Zuvor hatte das Parlament mit einer ebenfalls umkämpften Verfassungsänderung seine Verkleinerung für die kommende Legislaturperiode beschlossen. Statt bisher 241 soll es dann 150 Abgeordnete geben, wozu aber durch Ausgleich- und Überhangmandate noch weitere 20 bis 30 kommen können. 60 Prozent der Abgeordneten sollen direkt, die anderen über Listen gewählt werden. Die Opposition hatte sich für ein Verhältnis zwischen Direkt- und Listenwahl von 50 zu 50 und eine Gesamtzahl von 150 bis höchstens 153 eingesetzt.

In einer Aktuellen Stunde war über die Schulpolitik von Senator Jürgen Klemann (CDU) diskutiert worden, gegen den ein Mißtrauensantrag der Fraktion Bündnis 90/Grüne eingebracht wurde. Klemann verteidigte die Pflichtstunden-Erhöhung mit Sparnotwendigkeiten und rief die Lehrer zur Besonnenheit auf. Über den Mißtrauensantrag soll am kommenden Montag in einer Sondersitzung abgestimmt werden.

In getrennten Wahlgängen werden am späten Abend noch Präsident, Stellvertreter und weitere sieben Mitglieder des neuen Berliner Verfassungsgerichtshofes gewählt.

262047 Mar 1992