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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 20.03.1996, 10:25 Uhr.

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Kultur/Film/Peanuts/Korr
Erdnüsse im Überfluß - Weltpremiere der Filmsatire "Peanuts" in Köln - Nach beigelegtem Rechtsstreit planmäßiger Kinostart am Donnerstag

--Von ddpADN-Korrespondent Reinhard Kleber--

Köln (dts Nachrichtenagentur/ddpADN). Mit viel Prominenz und vielen Erdnüssen ist am Dienstag abend in Köln die Welturaufführung des Spielfilms "Peanuts - Die Bank zahlt alles" gefeiert worden. Zwei Tage vor dem Bundesstart am Donnerstag konnten die Münchner Bioskop-Film, die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen und die Verleihfirma Warner Bros. nicht nur rund 650 Gäste im vollbesetzten Filmtheater "Residenz" begrüßen. Auch etliche Stars und Prominente stellten sich den geduldig wartenden Fotografen und Kameramännern. Die Hauptdarsteller Ulrich Mühe und Iris Berben waren ebenso gekommen wie die Schauspieler Rufus Beck und Sonja Kirchberger. Außerdem zu Gast: Hans-Martin Rehberg, Ralf Richter, Dieter Okras sowie Traugott Buhre. Natürlich durften auch Produzent und Drehbuchautor Eberhard Junkersdorf sowie Regisseur Carlo Rola ("Rosa Roth") nicht fehlen.

Der Moderator des Premierenabends, Günter Rehmsen - bekannt aus der ARD-Kontaktshow gleichen Namens - zeigte sich erfreut über den "gigantischen" Public Relation-Effekt des vorerst beigelegten Rechtsstreits über den Film. Davon zu profitieren hofft auch die Verleihfirma, die den Streifen nach Angaben eines Sprechers mit der beachtlichen Kopienzahl von rund 150 in die Kinos bringen will.

"Peanuts" schildert die Geschichte eines Bauunternehmers namens Jochen Schuster, der von mehreren Banken Milliardenkredite erschwindelt. Anspielungen auf den Fall des Immobilienmaklers Jürgen Schneider, der bei seiner Flucht nach Florida nach dem Kollaps seines Firmen-Imperiums 1994 rund sechs Milliarden Mark Verbindlichkeiten zurückgelassen hatte, sind unübersehbar. Schneider war Ende Februar von den USA ausgeliefert worden und sitzt seitdem in Frankfurt am Main in Untersuchungshaft. Ihm wird Betrug und betrügerischer Bankrott zur Last gelegt.

Erst in der vergangenen Woche war Schneider mit dem Versuch gescheitert, die Filmsatire verbieten zu lassen. Das Hamburger Landgericht hatte es nach der Sichtung des Streifens in einem Kino in Hamburg abgelehnt, eine einstweilige Verfügung gegen den Film zu erlassen. Schneiders Anwälte hatten geltend gemacht, "Peanuts" verletze dessen Persönlichkeitsrechte und verstoße gegen die Unschuldsvermutung. Die Verleihfirma wies dagegen vor Gericht auf das Recht der Kunst auf Satire hin. Im Pressetext zu "Peanuts" heißt es dazu: "Ähnlichkeiten mit lebenden, flüchtigen oder einsitzenden Personen sind rein zufällig, aber unvermeidbar." Die Richter entschieden, Satire habe zwar immer einen realen Hintergrund, es könne aber niemand behaupten, Schneiders Fall habe sich so wie im Film beschrieben zugetragen. Die künstlerische Darstellung sei weit genug von der Realität entfernt.

Den Titel verdankt die rund sechs Millionen Mark teure Produktion dem Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, der im Zusammenhang mit nicht bezahlten Rechnungen von Handwerkern in Höhe von mehr als 50 Millionen Mark das Wort "Peanuts" - wörtlich Erdnüsse, hier Kleinigkeiten - gebraucht hatte. In Bankenkreisen sei der Ausdruck inzwischen zum geflügelten Wort geworden, meinte bei der Kölner Premiere denn auch Moderator Rehmsen. Da paßte es natürlich ins Bild, daß die Gäste des üppigen Empfangs nach der Filmvorführung nicht nur mit Sekt, Orangensaft und dem obligatorischen Kölsch-Bier, sondern auch mit Erdnüssen empfangen wurden.

rkr/cok

200925 Mar 1996