[zurück zur Suche]

 

Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 28.11.1996, 10:25 Uhr.

Die dts Nachrichtenagentur hält die umfangreichen Nutzungs- und Verwertungsrechte. Bei Fragen zu Sondernutzungsrechten oder Lizenzierung wenden Sie sich an unseren Vertrieb.

 

ddp/ADN0116 4 vm 312

lbg/vm/Kriminalität/Friedhöfe/Kirche
Kirche dankt Polizei für Aufklärung von Grab- und Kirchenschändung

Finsterwalde (dts Nachrichtenagentur/ADN-lbg). Die Evangelische Kirche in Berlin und Brandenburg hat am Donnerstag der Polizei für die Aufklärung der Grab- und Kirchenschändungen im Raum Finsterwalde (Elbe-Elster) gedankt. Die Polizei hatte nach mehreren Vorfällen eine Sonderkommission "Friedhöfe" gebildet und Anfang des Monats fünf "Satansjünger" im Alter von 15 bis 18 Jahren auf einem Finsterwalder Friedhof gestellt. Sie sollen mehrfach mit satanischen Kulthandlungen die Totenruhe gestört und im Januar den Altar der St. Katharinenkirche in Finsterwalde mit roter Farbe beschmiert haben.

Das Gotteshaus wurde den Kirchenangaben zufolge durch das Zeichen des umgekehrten Kreuzes und den Schriftzug "Satan" entweiht. Nach okkulten Handlungen blieben auf Friedhöfen umgestürzte Grabkreuze, Leichenteile und zu Satanszeichen zusammengebundene menschliche Knochen zurück. Auf Grabstellen und in die Erde wurden Satanszeichen und der Spruch "Satan lebt" geritzt.

Die Jugendlichen wurden nachts auf einem Finsterwalder Friedhof von der Polizei gestellt, als sie sich an Gräbern zu schaffen machten. Im Rucksack hatten sie nach Polizeiangaben Totenschädel, Knochen und Kerzen.

Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin und Brandenburg, Thomas Gandow, mahnte, nicht die Augen vor den sich häufenden Gewalttaten gegen Kirchen, Kapellen und Friedhöfe zu verschließen. Dabei gehe es um mehr als "Dumme-Jungen-Streiche" und "feige Mutproben". Schändungen kirchlicher Gebäude würden zunehmend ideologisch aufgeladen und von den Tätern satanisch interpretiert. Dies zeigten Aufschriften wie "Satan lebt", "Nieder mit den Christen" und "Unsere Ehre heißt Treue", erklärte Gandow. Es könne nicht auf Dauer Aufgabe der Polizei sein, die Gesellschaft vor den Folgen der Haudrauf-Ideologie einerseits und der Ohnmachtserfahrungenen andererseits zu schützen.

Gandow rief dazu auf, Kirchenschänder und ihre Taten ernst zu nehmen. Es gehe dabei um den Werteverfall unter Jugendlichen, der auch "eine Folge jahrzehntelanger kultureller und religiöser Abstumpfungs- und Verödungsprozesse" sei. Die ganze Gesellschaft und besonders die politisch Verantwortlichen müßten überlegen, wie die "gezeigte bewußte Abkehr von religiösen und kulturellen Werten", die Mitleidlosigkeit sowie religiöse und kulturelle Unbildung überwunden werden könne. Dabei gehe es auch um einen Beitrag der Schule.

ufe/spa

280925 Nov 1996