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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 02.06.1996, 14:39 Uhr.

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Unternehmen/Klöckner-Humboldt-Deutz/Zf
(Wochenend-Zusammenfassung) Wischnewski wegen KHD in Saudi-Arabien - Sanierungsplan in Arbeit

Berlin/München (dts Nachrichtenagentur/ddpADN). Ex-Staatsminister Hans-Jürgen Wischnewski (SPD) ist nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" nach Saudi-Arabien geflogen, um mit dem Königreich über eine Beteiligung an der Rettung des angeschlagenen Kölner Konzerns Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) zu sprechen. Die KHD-Tochter Wedag, die den Konzern durch Bilanzmanipulationen in die Krise gestürzt hatte, errichtet dort drei Zementwerke im Wert von 1,3 Milliarden Mark.

Wie Wischnewski dem Blatt sagte, geht es bei den Verhandlungen vor allem um das Klima, da die drei Fabriken von privaten Investoren bestellt worden seien. Dem Konzern drohen neben den Verlusten von 650 Millionen Mark durch die Wedag weitere 300 Millionen Mark Strafe, wenn die Werke nicht pünktlich fertiggestellt werden.

Mit Finanzhilfen von 750 Millionen Mark soll der angeschlagene Kölner Konzern saniert werden. Nach Informationen der Zeitung "Die Welt" sieht ein Sanierungsplan vor, daß die Deutsche Bank als Großaktionär (knapp 48 Prozent) 550 Millionen Mark zur Verfügung stellt. Inwieweit sich die 40 Pool-Banken daran beteiligen, soll später geklärt werden. Sie wollen am Mittwoch Beschlüsse fassen. Weitere 100 Millionen Mark sollen dem Bericht zufolge das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln durch den Erwerb von KHD-Liegenschaften beisteuern. Schließlich habe die Belegschaft durch lineare Lohnkürzungen um fünf Prozent, eine Stunde Mehrarbeit ohne Lohnausgleich sowie Verzicht auf Pensionszusagen bei jüngeren Beschäftigten Opfer in Höhe von 100 Millionen gebracht.

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll der Kölner Motoren- und Anlagenbaukonzern aufgespalten werden. Geplant seien eine selbständige Humboldt Wedag AG für den Anlagenbau und eine Deutz AG für die Motorenproduktion.

Indes berichtet die "Welt am Sonntag", die Bilanzmanipulationen bei der Wedag AG, welche die Kölner Muttergesellschaft KHD an den Rand des Ruins getrieben haben, seien haarklein dokumentiert: "Die Zahlen-Jongleure kannten das Ausmaß des Desasters zu jeder Zeit und fast auf tausend Mark genau", schreibt die Zeitung. Denn während drei von vier Vorständen der Wedag laufend geschönte Zahlen an das Controlling und den Finanzchef der Holding meldeten, betrieben sie in eigener Regie eine doppelte Buchführung. Das Trio korrigierte laut Zeitung in einem privaten PC-Programm kontinuierlich die an das Konzerncontrolling gemeldeten überhöhten Leistungen für drei Zementanlagen in Saudi-Arabien nach unten. Die Manager hätten zum internen Gebrauch auch die notwendigen Abschreibungen auf die noch nicht abgerechneten Arbeiten sowie auf "fertige und unfertige Erzeugnisse" vorgenommen und Rückstellungen für Vertragsstrafen gebildet, schreibt "WamS".

Laut "Bild am Sonntag" soll die Wirtschaftsprüferkammer, der alle rund 8.000 deutschen Wirtschaftsprüfer angehören, in der kommenden Wochen untersuchen, ob die "Coopers & Lybrand - Deutsche Revision" bei der Wedag die Bilanzprüfung korrekt vorgenommen hat. Die Abschlußprüfungen seien zwar nicht auf die Aufdeckung von Manipulationen angelegt, sagte der Geschäftsführer der Kammer, Rolf Lichter. Man müsse dennoch untersuchen, ob die Prüfer bei KHD ihre Berufspflichten eingehalten hätten.

voe/han

021239 Jun 1996