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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 10.11.1996, 13:21 Uhr.

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Bundeswehr/Finanzen/Zf
(Wochenend-Zusammenfassung) Bundeswehr-Verband: Einsparungen gehen an die "Substanz der Truppe"

- "Spiegel": Bundeswehr-Transall nur bedingt einsatzbereit

Bonn (dts Nachrichtenagentur/ddpADN). Die vorgesehenen weiteren Einsparungen im Etat von Bundesverteidigungsminister Volker Rühe (CDU) stoßen in den Reihen der Bundeswehr auf scharfe Kritik. Nach Ansicht des Deutschen Bundeswehr-Verbandes gehen sie "an die Substanz der Truppe". Verbandschef Bernhard Gertz sagte der Magdeburger "Volksstimme am Sonntag", der Verteidigungsetat werde "zum Steinbruch der Finanzpolitik". Haushaltslöcher würden auf Kosten der Soldaten und der Sicherheit gestopft. Mittlerweile sei die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr gefährdet: "Die Schmerzgrenze ist längst überschritten." Gertz rechnet neben der Schließung weiterer Bundeswehrstandorte damit, daß auch der Eurofighter und andere Projekte nicht mehr angeschafft werden könnten. Das bedeute den Wegfall von etwa 20.000 Arbeitsplätzen in der Luftfahrtindustrie.

Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) stellte dagegen in der "Bild am Sonntag" klar, daß trotz der neuerlichen Kürzungen von 200 Millionen Mark im Verteidigungshaushalt 1997 der Eurofighter angeschafft werde. Der Eurofighter sei notwendig, um die bis zu 40 Jahre alten Phantom-Kampfflugzeuge abzulösen. Außerdem sei in die Entwicklung schon 6,5 Milliarden Mark investiert worden.

Der FDP-Verteidigungsexperte Jürgen Koppelin bezeichnete die Äußerungen Waigels als "vorgezogenen Aprilscherz". Wenn Waigel erkläre, daß für den Eurofighter Geld vorhanden sei, müsse er dem Haushaltsausschuß erklären, wo er das Geld versteckt halte. Die langfrsitig geschätzten Kosten dür die Anschaffung des Jagdflugzeuges belaufen sich nach Angaben Koppelins auf 25,6 Milliarden Mark. Auch in Verteidigungskreisen wurden die Waigel-Äußerungen nicht so optimistisch bewertet. So sei die Finanzierung des Eurofighters eher ein mittelfristiges Problem. Dabei sei die Frage der mittelfristigen Finanzierung mit allen Beteiligten, insbesondere der Industrie, noch zu klären.

Unterdessen berichtet der "Spiegel", daß bei der Luftwaffe von den 84 Transall-Maschinen derzeit höchstens 35 einsatzbereit seien. Ein gutes Dutzend der Flugzeuge - besonders begehrt für humanitäre Hilfsaktionen und Ifor-Einsätze auf dem Balkan - stehe planmäßig zu Inspektionen in der Werft. Die übrigen blieben am Boden, weil die starke Belastung bei Auslandseinsätzen mehr Wartung und Reparaturen erfordert, aber das Geld für Ersatzteile fehle.

Das Bundesverteidigungsministerium erklärte, die "dramatisierende Meldung" des "Spiegel" treffe so nicht zu. So liege der Stand der Einsatzbereitschaft der Transall-Maschinen bei rund 50 Prozent. Die Wartungen seien auf Auslandseinsätze sowie die laufende Umrüstung sowie lebensverlängernde Maßnahmen zurückzuführen. Der Anteil der Maschinen, die wegen fehlender Ersatzteile am Boden stehen, liege nur bei zehn Prozent. Ersatzteilmangel sei aber nicht nur auf fehlendes Geld, sondern auch auf logistische Probleme zurückzuführen. In dem Bericht werde die Situation "überdramatisiert", betonte ein Hardthöhensprecher.

Wie der "Spiegel" schreibt, waren zeitweise nur rund 20 Maschinen startklar. Allein für den Ifor-Einsatz sind der Nato aber zwölf Flugzeuge zugesagt. Deshalb habe die Bundeswehr ihr internes Lufttransportsystem eingestellt, bei dem die Luftwaffe wie eine Spedition per Transall in ganz Deutschland Nachschub auch für Heer und Marine verteile. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte dazu, nach dem Auslaufen des UN-Einsatzes der Bundeswehr im Irak werde das Lufttransportsystem wieder durchgeführt.

and/wsd

101221 Nov 1996