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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 17.10.1996, 12:19 Uhr.

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Steuern/Mineralölsteuer
(Übersicht) Noch keine Entscheidung über Deckung von Etatlücken - Weiter Proteste gegen höhere Mineralölsteuer

Bonn (dts Nachrichtenagentur/ddpADN). Die Bonner Koalition hat noch keine Entscheidung darüber getroffen, wie die Lücken im Haushalt 1997 geschlossen werden sollen. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) sagte nach einem Spitzentreffen der Partei- und Fraktionschefs von Union und FDP am Donnerstag in Bonn, bei weiteren Gesprächen solle "schnell" ein Beschluß gefaßt werden. Einen konkreten Termin nannte er nicht.

Laut Bohl soll die Deckungslücke "vorrangig" durch Einsparungen geschlossen werde. Eine Stellungnahme zur Frage einer möglichen Frage der Mineralölsteuer lehnte er ab. Die Tageszeitung "Die Welt" hatte am selben Tag berichtet, Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) wolle noch in dieser Woche eine Entscheidung dazu herbeiführen.

SPD, Gewerkschaften und Automobilclubs warnten indes vor den Folgen einer höheren Mineralölsteuer. Damit würde Kaufkraft abgeschöpft, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Michael Geuenich am Donnerstag in Düsseldorf. Auch nach den Worten des finanzpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion im Bundestag, Joachim Poß, paßt eine Anhebung der Spritsteuer nicht in die konjunkturpolitische Landschaft. Es sei grotesk, wegen der Anhebung des Kindergeldes und des Wegfalls der Vermögensteuer dann bei den Autofahrern "abzukassieren", sagte Poß im Bundestag.

Der ADAC kündigte Widerstand gegen eine höhere Mineralölsteuer an. Die Autofahrer zahlten jährlich 81 Milliarden Mark an autoabhängigen Steuern. Ein Autofahrer, der pro Woche 30 Liter tanke, werde im Jahr mit rund 300 Mark mehr belastet, sagte ADAC-Sprecher Klaus Reindel im Saarländischen Rundfunk. Der ACE Auto Club Europa nannte die Pläne einen "dreisten Raubzug" vor allem gegen Berufspendler, die durch drastische Einschnitte im Sozialbereich schon jetzt "hart gebeutelt" würden.

Ablehnung kam auch von der FDP und der Wirtschafts- und Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU (MIT). Nach den Worten von FDP-Vize Rainer Brüderle wären Steuererhöhungen "fatal". Brüderle sprach sich im Saarländischen Rundfunk statt dessen für weitere Sparmaßnahmen im Haushalt aus. Aus der Sicht des MIT-Vorsitzenden Hansjürgen Doss würde die Entlastung der Wirtschaft durch den Wegfall der Vermögensteuer durch steigende Benzinkosten wieder zunichte gemacht.

stu/voe

171019 Oct 1996