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Sie sehen hier eine historische Nachrichtenmeldung der früheren Nachrichtenagentur ddp/ADN (ab 2010 "dapd") vom 24.03.1996, 08:39 Uhr.

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Kurden/Bohl/Kanther
"WamS": Maßnahmen zur rascheren Abschiebung von Gewalttätern geplant

Hamburg (dts Nachrichtenagentur/ddpADN). Die Bundesregierung will nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" am Mittwoch in einer Kabinettssitzung Maßnahmen beschließen, die eine schnellere Abschiebung gewalttätiger Kurden erlauben. Wie das Blatt erfuhr, plant das Bundeskabinett einen Beschluß, wonach der sogenannte schwere Landfriedensbruch, wie ihn Paragraph 125 a des Strafgesetzbuches regelt, in das Ausländerrecht aufgenommen wird. In der Praxis könnten dann Ausländer, die gewalttätig werden, unverzüglich ausgewiesen werden.

Am Montag wollen die Innen- und Rechtspolitiker der Koalition mit Innenminister Manfred Kanther (CDU) und Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig (FDP) eine gemeinsame Gesetzesvorlage für den Kabinettsbeschluß vorbereiten, hieß es weiter. Dabei sollen Meinungsverschiedenheiten, die vor den Landtagswahlen über eine neue gesetzliche Abschieberegelung auftraten, beigelegt werden. Dissens zwischen CSU und FDP besteht insbesondere darüber, ob bei schwerem Landfriedensbruch etwa Kurden auch ohne rechtskräftige Verurteilung abgeschoben werden können, wie es die CSU verlangt, die FDP aber bisher ablehnt.

Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) sagte dazu der "Welt am Sonntag", die Koalition werde sich auf jeden Fall auf eine "Verschärfung der ausländerrechtlichen Ausweisungs- und Abschiebungsregelungen" einigen. Die schrecklichen Bilder blutüberströmter Polizisten, zerstörter Streifenwagen und Autobahnblockaden dürften sich nicht wiederholen. "Der Staat muß schnell reagieren und den Ausschreitungen gewalttätiger Kurden einen Riegel vorschieben", betonte Bohl. "Die Geduld der Bürger mit dem zunehmenden Mißbrauch unseres Gastrechts ist zu Ende."

Kanther begrüßte gegenüber der Zeitung die geäußerte Bereitschaft des türkischen Ministerpräsidenten Mesut Yilmaz, eine politische Lösung für das Kurden-Problem zu finden und der Volksgruppe kulturelle Freiheit in der Türkei zu garantieren. Er halte das "für den richtigen Weg", sagte Kanther. Es müsse jedoch abgewartet werden, ob sich "daraus eine Entspannung der aufgeladenen Situation im öffentlichen Verhalten der Kurden in Westeuropa und insbesondere bei uns ergibt".

jor

240739 Mar 1996